Heute fiel der Startschuss für die industrielle Graphen-Produktion in Polen. Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft bewerten den Stoff als revolutionär. Premierminister Donald Tusk eröffnete auf einer Veranstaltung feierlich die Produktion.
Graphen ist eine Modifikation des Kohlenstoffs mit zweidimensionaler Struktur und soll einen Umbruch in der Elektrotechnik initiieren. Der Stoff hat außergewöhnliche Eigenschaften und gerade das macht ihn so interessant und gefragt. Er ist etwa einige hundert Mal widerstandsfähiger und fester als Stahl, sehr biegsam und leitet Strom und Datenströme schneller als Kupfer (auch einige hundert Mal).
Das erste Mal wurde Graphen von dem britischen Physiker P.R. Wallace im Jahre 1947 strukturell erforscht und in seinem Buch The Band Theory of Graphite beschrieben. Da es den Stoff in der Natur nicht gibt, suchte man nach Herstellungsmöglichkeiten und fand sie in den 1980er Jahren. Die Wende in der Graphen-Forschung kam jedoch erst vor wenigen Jahren. Die außergewöhnlichen Eigenschaften dieses Stoffes wurden 2004 von Andre Geim und Konstantin Novoselov entdeckt, wofür sie 2010 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurden. Seitdem forschen Wissenschaftler aus aller Welt intensiv daran, wie man Graphen am effizientesten und am günstigsten herstellen kann. 2011 hat das polnische Technologieinstitut für Elektronische Materialen (Instytut Technologii Materiałów Elektronicznych, ITME) bekannt gegeben, dass es ein neues Produktionsverfahren für Graphen erfunden und patentiert hat. In der Elektrotechnik werden in Zukunft große Tafeln aus diesem Stoff erforderlich sein und unter anderem dafür ist die polnische Produktionsmethode am besten geeignet. Außerdem kann es dadurch in hoher Qualität hergestellt werden.
Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Staat macht den Erfolg aus
Heute fand in Warschau eine feierliche Veranstaltung zum Start der industriellen Herstellung von Graphen statt. Das 6,5-Millionen-Zloty-Projekt (ca. 1,6 Millionen Euro) wird aus Mitteln des Nationalen Zentrums für Forschung und Entwicklung (Narodowe Centrum Badan i Rozwoju, NCBiR) gefördert. Für die Überwachung und Verwaltung der Herstellung ist durch das ITME und die polnische Agentur für Industrieentwicklung (Agencja Rozwoju Przemyslu, ARM) die Firma Nano Carbon ins Leben gerufen worden. 51 Prozent der Anteile an Nano Carbon hat die ARM und 49 Prozent das polnische Unternehmen KGHM, Europas zweitgrößter Kupferproduzent.
Der polnische Premierminister Donald Tusk verkündete auf der Veranstaltung, dass „es ein geschichtsträchtiger Moment“ sei. Dies sei dank dem Erfindergeist in Polen, dem Engagement der Wirtschaft und der Unterstützung des Staates gelungen.
Enorme Nachfrage nach Graphen
Graphen wird in den Branchen stark nachgefragt, die komplexe elektrische Produkte wie Mobiltelefone herstellen. Wissenschaftler und Unternehmer meinen, dass Graphen in der Zukunft andere heute verwendete Stoffe verdrängen werde, wie beispielsweise Silizium bei der Produktion von Computern. Es sei möglich, dass Graphen auch in vielen Alltagsbereichen anwendbar sein wird. Es könnte beispielsweise bei der Herstellung von flexiblen Touchscreens und flexibler LED-Beleuchtung benutzt werden.