Das Bildungsministerium will ein kostenloses Schulbuch für Erstklässler herausbringen. Damit sollen Eltern, die bisher alle Schulbücher kaufen müssen, entlastet werden. Die Regierung will zudem die Macht der Schulbuchverlage einschränken. Erste Gegenstimmen warnen vor steuerfinanzierten Geschenken.
Ministerpräsident Donald Tusk und Bildungsministerin Joanna Kluzik-Rostkowska (beide Bürgerplattform, PO) haben heute angekündigt, dass die Regierung ein kostenloses Schulbuch für Erstklässler herausbringen will. Die Unternehmung soll rund drei Millionen Euro kosten. Ziel sei es, so Tusk, die Eltern von Erstklässlern zu entlasten. Diese müssen bisher insgesamt rund 40 Millionen Euro im Jahr an Schulgeld aufwenden. Das sind im Durchschnitt 70 Euro pro Kind.
Bis zum 1. September 2014, wenn das neue Schuljahr beginnt, soll daher ein kostenloses PDF auf der Webseite des Bildungsministeriums zum Download bereitstehen. Langfristig sollen auch kostenlose Schulbücher für Zweit- und Drittklässler folgen.
Tusk sagte weiter, es gehe auch darum, den Eltern mehr Rechte gegenüber den Schulbuchverlagen einzuräumen. Letztere hätten unverhältnismäßig viel Macht gegenüber den Eltern. Der Premier will, dass die Verlage gezwungen werden, wiederverwendbare Bücher herauszugeben, damit nicht alle Eltern immer neue Bücher kaufen müssen. Außerdem soll die Praxis der Verlage eingeschränkt werden, Pakete mit teurem „Zusatzmaterial“ an die Eltern zu verkaufen. Laut Tusk hätten die Verlage in diesen Fragen jedoch Verhandlungsbereitschaft signalisiert.
Erste Gegenstimmen
Anders als in Deutschland oder anderen europäischen Ländern gibt es in Polen keine kostenfreien Schulbücher, die sich im Besitz der Schule befinden und zu Beginn des Schuljahres an die Schüler ausgeteilt werden. Stattdessen müssen Eltern alle Schulbücher selbst kaufen. Besonders teuer sind dabei Schulbücher für Fremdsprachen wie Englisch oder Französisch.
Daher kritisieren auch einige Kommentatoren bereits die neuen Pläne der Regierung. Die wirklich teuren Bücher würden nicht erschwinglicher werden. Der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft ZNP Slawomir Broniarz sprach sich zwar für neue und kostenlose Schulbücher aus, bezweifelte jedoch, ob in der kurzen Zeit ein Buch von hoher Qualität entstehen könnte. Andere Kritiker sind aufgebracht, weil angeblich Geschenke aus Steuergeldern an Eltern von schulpflichtigen Kindern verteilt würden.
Viele Kommentatoren fordern zudem noch weitergehende Reformschritte an polnischen Schulen. Zum hart diskutierten Thema der „Lehrerkarte“ und verbesserten Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte hat sich das Bildungsministerium jedoch bisher nicht geäußert. Man sei noch dabei, sich dazu eine Meinung zu bilden, hieß es heute.
Bild: Donald Tusk (Mitte) und Joanna Kluzik-Rostkowska (rechts) auf der heutigen Pressekonferenz // (cc) M. Śmiarowski/KPRM [CC BY-NC-ND 2.0] / Flickr