Hochspannung vor dem Tag der Entscheidungen

Alle Augen richteten sich heute nach Brüssel, wo die zweite Runde der Verhandlungen um das EU-Budget für die Jahre 2014-2020 begonnen hat. Hier geht es konkret um die Verteilung von Geldern zwischen den Mitgliedsstaaten. Im November letzten Jahres war die erste Runde gescheitert, weil die Nettozahler eine Reduktion des von der Kommission und EU-Präsident Herman Van Rompuy vorgeschlagenen Etatplans von rund 972 Milliarden Euro gefordert hatten. Inmitten der Finanzkrise und daraus abgeleiteten Austeritätsprogrammen wollten vor allem Deutschland und Großbritannien, aber auch die skandinavischen Staaten und die Niederlande, deutliche Kürzungen. Dagegen stemmten sich die Profiteure der Umverteilung, unter ihnen Frankreich, Spanien und die Neumitglieder im Osten, darunter Polen.

Nach dem Vorschlag von Van Rompuy sollten Polen rund 72 Milliarden Euro zustehen – sogar mehr als im vorangegangenen Zeitraum (ca. 68 Mrd. Euro). Daher hatte Ministerpräsident Donald Tusk versucht, für diesen Plan zu werben: Erst mit der deutschen Kanzlerin, dann mit dem französischen Präsidenten. Sogar der Chef der Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) Jaroslaw Kaczynski kündigte an, mit dem britischen Premier David Cameron zu sprechen, um das Budget in der vorgeschlagenen Form durchzubekommen (sowohl PiS als auch die britischen Konservativen sind Mitglieder der gleichen europäischen Parteienallianz). Heute jedoch setzte er Ministerpräsident Tusk unter Druck als er für Polen öffentlich über 110 Mrd. Euro forderte. Tusk erklärte dagegen, er wolle für die rund 72 Mrd. Euro kämpfen, und zeigte sich optimistisch dieses Ziel zu erreichen.

Nowicka vs. Grodzka

Fast unter ging dagegen die Debatte um den Posten der Vizemarschallin im polnischen Parlament (Sejm). Dort steht Wanda Nowicka von der Palikot-Bewegung wegen nicht angezeigter Prämienzahlungen weiter unter Druck von Seiten der eigenen Partei, die einen Antrag auf ihre Abberufung gestellt und stattdessen Anna Grodzka nominiert hat. Für morgen wird eine spannende Abstimmung im Abgeordnetenhaus erwartet; noch immer ist unklar, wie sich die anderen Parteien verhalten werden. Die regierende Bürgerplattform (PO) erklärte heute, sie könne sich vorstellen für Grodzka zu stimmen, wenn Nowicka freiwillig zurücktreten sollte – den Abberufungsantrag werde man jedoch ablehnen. Nowicka selbst erklärte, sie werde nicht zurücktreten. Parteichef Janusz Palikot stellte noch einmal klar, er schätze Nowicka sehr, doch sie müsse zurücktreten, weil sich seine Partei unmissverständlich gegen jede Form von versteckten Zahlungen an Politiker positioniert hätte. Das Verhalten der PO bezeichnete er als „skandalös“