Tag der Arbeit

Am 1. Mai wird auch in Polen traditionell an die abhängig Beschäftigten gedacht – der Tag der Arbeit ist ein gesetzlicher Feiertag. Im ganzen Land fanden Kundgebungen statt, bei denen für die Rechte der Arbeiter demonstriert wurde. Die Hauptkundgebungen wurden in Warschau veranstaltet. Linke sowie rechte Gruppierungen haben eigene Demos durchgeführt; auf den Straßen der polnischen Hauptstadt und im ganzen Land blieb es jedoch friedlich. Auch die größten Gewerkschaften Solidarnosc und OPZZ nahmen den Tag zum Anlass, um an schlechte Arbeits- und Lohnbedingungen zu erinnern.

Medial am meisten Beachtung erhielt jedoch eine Rede des Vorsitzenden des Bundes der Demokratischen Linken (SLD) Leszek Miller in Warschau. Zeitungen meldeten – und zeigten Videos – aus denen hervorgeht, dass er einen Souffleur hinter sich stehen hatte, der ihm die einzelnen Sätze zuflüsterte. Diese Praktik erscheint in Polen höchst ungewöhnlich, da üblicherweise Politiker entweder frei reden oder ablesen. Später vermeldete Miller über Twitter, dass er einen „guten Text“ hatte, den er in der kurzen Zeit jedoch nicht mehr erlernen konnte. Auf den Tweet reagierte Premierminister Donald Tusk, der an Miller wiederum zwitscherte, dass man auch hätte ablesen können. Und in einem weiteren Tweet schrieb Tusk an Miller, dass er es hätte riskieren und aus dem Herzen heraus sprechen können.

Geschichtliche Hintergründe

Arbeiter demonstrierten am 1. Mai für ihre Rechte das erste Mal 1890 in Polen. Danach führten sie diese Tradition weiter, oft gegen den Willen der Machthaber. Nach dem II. Weltkrieg machte die neue kommunistische Regierung den Tag zum gesetzlichen Feiertag. Seitdem wurde er als Propagandaveranstaltung für das kommunistische Arbeiterideal genutzt. Heute zieht der Tag bei weitem nicht so viele Menschen an, wie zum Beispiel in Deutschland oder Frankreich. Dieses ist verbunden mit dem rapiden Schwinden der Bedeutung von Gewerkschaften in Polen, die heute nur noch eine randständige Rolle in Politik und Gesellschaft spielen.